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Channel: Grippe – René Gräber – Der Blog
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Machte man mit der Schweinegrippe viel Lärm um nichts?

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Die Schweinegrippe verschwand fast so schnell von der Bildfläche wie sie aufgetaucht war. Das von Pharmafirmen, Politikern und Medien beschworene Katastrophenszenario fand glücklicherweise nicht statt. Im Nachhinein wird Kritik an der Weltgesundheitsorganisation laut.

Lesen Sie dazu auch meinen Beitrag: Schweinegrippeimpfung und Wirkverstärker – Gefährliche Folgen oder unbegründete Panikmache?

Der kanadische Arzt Richard Schabas gehörte zu jenen Experten, die an der Notwendigkeit einer weltweiten Pandemie-Warnung zweifelten. Man könne fast meinen, die Abkürzung WHO stünde für Welt-Hysterie-Organisation, bemerkte der ehemalige Leiter der Gesundheitsbehörde von Ontario. In seinem Kommentar „Vier Lehren aus der Schweinegrippen-Hysterie“ (Spiegel Online Wissenschaft vom 12.03.2010) nimmt Markus Grill die WHO in Schutz. Der Begriff „Pandemie“ bedeutet lediglich, dass sich ein Virus sehr schnell über den Globus verbreitet, sagt jedoch nichts über dessen Gefährlichkeit aus, die sich immer erst im Nachhinein zeigt.

Dennoch fordert Grill eine Überarbeitung des nationalen Pandemieplans für Deutschland, um bei künftigen Epidemien hysterisch anmutende Überreaktionen zu vermeiden. Für letztere wären auch die Medien verantwortlich, betont Grill.

Selbst Experten können bei Auftreten eines neuen Grippevirus nicht abschätzen, wie gefährlich diese Mutation tatsächlich wird. So prognostizierte das renommierte Robert-Koch-Institut für die Schweinegrippe bis zu 70.000 Todesfälle in Deutschland. Natürlich muss rechtzeitig mit der Produktion von genügend Impfstoff für den Ernstfall begonnen werden. Da dessen Herstellung jedoch drei bis sechs Monate dauert, sollte man diesen Zeitraum nutzen, um neue Erfahrungen auszuwerten. In diesem Zusammenhang lesen Sie auch unbedingt meinen Beitrag zur Grippeschutzimpfung.

Im Fall der Schweinegrippe hätte nach dem milden Verlauf im winterlichen Australien bereits im September 2009 Entwarnung für Europa gegeben werden können. Denn die 200 Todesopfer, die das neue Virus auf dem australischen Kontinent forderte, lagen weit unter der Zahl an Todesfällen, welche dort jährlich auf das Konto der normalen Grippe gehen. Hätten die deutschen Politiker damals die Notbremse ziehen müssen, anstatt 500 Millionen Euro für Impfstoffe zu „verpulvern“? Grill bejaht dies und hält ein Rücktrittsrecht von den mit Novartis und GlaxoSmithKline geschlossenen Verträgen für legitim. Schließlich hatten beide Pharmakonzerne in den vergangenen Jahren je zehn Millionen Euro aus Steuermitteln erhalten, um Fabriken für die Impfstoffproduktion zu errichten.

Fehler räumt auch der Präsident des Paul-Ehrlich-Institutes, Johannes Löwer, in seiner Funktion als “oberster deutscher Impfkontrolleur” ein. Bei dem absehbar milden Verlauf der Infektion hätte eine einzige Impfung ausgereicht. Dennoch wurde empfohlen zweimal zu spritzen. Markus Grill drängt sich der Eindruck auf, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt wollte der Bevölkerung die Impfung regelrecht aufzwingen. Beide Experten hätten es versäumt, der allgemeinen Hysterie einen vernünftigen Umgang mit dem Virus entgegenzusetzen.

Stattdessen horteten die Gesundheitsministerien der Bundesländer Grippemittel wie Tamilflu und Relenza, deren Wirksamkeit gegen Schweinegrippe nicht belegt sei. Diese antiviralen Medikamente könnten schwere Komplikationen kaum verhindern, kritisierten unabhängige Medizinexperten. Trotzdem orderte Schmidt für weitere 90 Millionen Euro Grippemittel, um im Pandemiefall gar 30 % statt der empfohlenen 20 Millionen Menschen versorgen zu können.

Profitiert haben vor allem die Bilanzen der Pharmakonzerne. Der Gewinn des Schweizer Branchenriesen Roche belief sich im Jahr der Schweinegrippe auf über zehn Milliarden Euro. Kräftig Kasse machten die Pharmafirmen laut einer dpa-Meldung auch mit Impfstoffen gegen die normale saisonale Grippe (Spiegel Online Wissenschaft vom 20.02.2010). Da sich mehr Menschen impfen ließen als in den Vorjahren, erhöhten Novartis, Solvay und Stada die Preise seit 2005 gleich um satte 109 – 120 %.

Aber das mit dem “Pharmakartell” kennen wir ja schon – oder?

Und falls Sie noch nicht genug haben… Hier weitere Beiträge von mir zur “Schweinegrippe”:


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